Draw and Paint

This spring I also brought with me my drawing and painting materials to capture some great moments during my stay. All are in small formats, most of them watercolor paintings. This gallery will be updated continously …

Yonghe-Tempel

Der Yonghe-Tempel steht direkt südlich des zweiten Rings
Der Yonghe-Tempel steht direkt südlich des zweiten Rings

Nachdem ich neulich nachmittag nach 16 Uhr schon zu spät war, habe ich gestern die wohl bekannteste Tempelanlage Pekings, und neben der Verbotenen Stadt eine der Haupttouristenattraktionen (was für ein Wort!) besuchen können. Das letzte Mal war ich dort vor mehr als 20 Jahren.

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Luftbild des Yonghe-Tempels
Luftbild des Yonghe-Tempels

Der Yonghe-Tempel  (雍和宫 Yōnghégōng, Palast des Friedens und der Harmonie) ist der wohl wichtigste Tempel des tibetischen Lamaismus außerhalb Tibets. Er steht, an zwei Seiten vom Verkehr der Hauptstadt umflossen, direkt südlich des Ritan-Parks und des zweiten Rings auf der gleichnamigen U-Bahnhaltestelle. Das kommerzielle Umfeld hat sich auf die Ströme der Pilger und Touristen eingestellt. Ähnlich wie auch im Vatikan und in Lourdes findet man in unmittelbarer Nähe des Tempels eine Unzahl von Cafés und Läden in denen Devotionalien, Räucherstäbe und anderer Nippes erworben werden kann.

Eine Allee mit Ginkgo-Bäumen führt von Süden her zum Tempel
Eine Allee mit Ginkgo-Bäumen führt von Süden her zum Tempel

Wie überall in Peking ist auch hier der Zugang mit Sicherheitskontrolle: Rucksack öffnen. Ein rascher Blick überzeugt. Mein Nebenmann hat seinen Rucksack bis oben hin vollgestopft. Auch hier wird nur ein Blick auf die obersten Sachen geworfen. Der Eintritt kostet ¥25. Mit der Eintrittskarte erhält man eine Mini-CD. Wahrscheinlich mit Infos zum Tempel. Leider weiß ich nicht, wie ich die auf meinen Geräten abspielen kann.

Der Eingang zum Tempelkomplex ist von Süden her. Durch eine wunderschöne Allee mächtiger Ginkgo-Bäume gelangt man in den ersten Hof, in dem auch der Glockenturm steht.

Bereits im ersten Hof der Tempelanlage wird kräftig geräuchert
Bereits im ersten Hof der Tempelanlage wird kräftig geräuchert

Bereits hier wird fleißig geräuchert. Überall hängt der Geruch der verbrannten Räucherstäbchen in der Luft. Sie werden in ganzen Bündeln entzündet und dann in bereitstehende schwere bronzene Rauchgefäße gesteckt.

Nach dem zweistündigen Besuch merke ich bis heute eine leichte Reizung meiner Schleimhäute. Auch eine Form von Feinstaubbelastung. Entsprechend weisen Schilder neben den Räuchergefässen darauf hin, dass bei Starkwind und Smog nicht geräuchert werden darf.

Blick von Südosten zur "Halle des Unendlichen Glücks"
Blick von Südosten zur „Halle des Unendlichen Glücks“

Es herrscht schönstes Wetter. In den Höfen stehen neben Ginkgos auch Kiefern und Bäume der Walnuss, Maulbeere und des Granatapfels. Die Anlage war zunächst bis 1743 die Residenz des Prinzen Yinzhen und wurde dann von Kaiser Qianlong zu einem lamaistischen Temple umgebaut. In der „Halle des unendlichen Glücks“ steht eine sechs Stockwerke hohe aus einem einzigen Sandelholzbaum geschnitzte vergoldete Statue des Buddha Maitreya, die der siebte Dalai Lama, Kelsang Gyatsho, dem Kaiser schenkte. Man steht davor und ist ganz still … auch ohne zu wissen, dass sie bereits 1993 einen Eintrag in das Guiness-Buch der Rekorde bekommen hat.

Details der komplexen Architektur; hier eine Brücke zwischen zwei Gebäuden
Details der komplexen Architektur; hier eine Brücke zwischen zwei Gebäuden

Nach einem Rundgang setzte ich mich in einer Nische auf eine Bank, von der aus ich einen guten Blick auf die „Halle des unendlichen Glücks“ habe, um eben diese zu zeichnen. Nicht ganz einfach, eine so große und komplexe Architektur auf den gerade mal 15 x 10 cm meines Skizzenbuchs abzubilden. Kaum hatte ich meinen Kugelschreiber angesetzt, wurde der Rest der Bank von einer ziemlich unerträglichen Familie in Beschlag genommen. Den etwa fünfjährigen Jungen, der mich ständig mit seinem „hello, hello!“ nervte, schnauzte ich dann auf Chinesisch an, nachdem er sich meiner Wasserflasche bemächtigte: „Gucken ja, anfassen nicht!“ Was ihn in ungläubiges Erstaunen versetze und ihm einen mächtigen Klaps seiner Großmutter einhandelte. Später rückte mir dann sein Vater, ein Onkel oder der Großvater von ihm, zusammen mit seinen Kumpels unerträglich auf die Pelle und dunsteten ihren billigen Schnaps aus allen Poren.

"Halle des Unendlichen Glücks" im Yonghe-Tempel, Kugelschreiber auf 10 x 15 cm CANSON-Skizzenblock
„Halle des Unendlichen Glücks“ im Yonghe-Tempel, Kugelschreiber auf 10 x1 5 cm CANSON-Skizzenblock

Trotzdem wurde das Bild dann noch fertig als die Mönche begannen mit ihren Bimmeln durch die Anlage zu ziehen, um die Schließung derselben anzukündigen. Ich habe dann noch schöne Fotos von kleinen Granatäpfeln und den Blättern der Ginkgos gemacht. Anzusehen – zusammen mit vielen weiteren Aufnahmen – in der Galerie unten …

Weitere Infos über den Tempel bei Wikipedia: deutsch | englisch

Dongyue Temple

Gate of the Beijing Dongyue Temple
Gate of the Beijing Dongyue Temple

Last saturday, returning from the High-Tech Expo I accidentially discovered the Beijing Dongyue Temple (北京东岳庙, Eastern Peak Temple), which is located just one kilometer straight north of Ritan Park. After having had a lunch in my apartment I came back by bike later that afternoon. Paying the entrance fee of ¥10 I realized that the temple would be closed for the public in less than two hours at 4:30 p.m. Still enough time to stroll around in one of the most magnificent scenic spots of urban Beijing.

Click images to enlarge!

The middle courtyard of the Beijing Dongyue Temple with stone tablets
The middle courtyard of the Beijing Dongyue Temple with stone tablets

The three courtyards of the Zhengyi Taoist temple cover an area of almost 50,000 square meters with nearly 400 rooms and next to 150 remarkable stone tablets dating from different Chinese dynasties; the temple being founded already in 1319.

One of the "departments" of the Beijing Dongyue Temple
One of the „departments“ of the Beijing Dongyue Temple

Most impressing are the „department“ rooms; there are maybe 100 of them, each representing an aspect of the Taoist world order with life-size statues symbolizing the virtues and failures of mankind and the respective rewards or punishments by heavenly forces. Some shrines are garded by taoist monks who strongly dislike being taken photo of.

Parts of the temple today host the Beijing Folk Customs Museum. Most of the exihibits are shown in glass cabinets, some old carriages and stone mills are displayed in the courtyard. There are ceramics and textile works of different kind, all representing typical folk art and customs of ancient Beijing.

Some of the exhibits from the Beijing Folk Customs Museum. More in higher resolution you find in the gallery below
Some of the exhibits from the Beijing Folk Customs Museum. More in higher resolution you find in the gallery below

What I enjoyed the most is the quietness. Even on a saturday afternoon there were few vistors. When I arrived some thirty pupils lined up for a group photography and then left. So after visiting the exhibits of the museum I sat down on a bench and took out my sketching pad to draw the scenery while one of the monks stepped outside into the sunshine and play a beautiful melody on the flute.

More information about the Bejing Dongyue Temple in Wikipedia

Some information about the Beijing Folklore Museum

All photos are displayed in the gallery below

Hightech Exhibition

Eingang zur 20. China Beijing International High-Tech Expo
Eingang zur 20. China Beijing International High-Tech Expo

Am Donnerstag und am Sonnabend war ich bei der 20. China Beijing International High-Tech Expo auf dem Messegelände im Nordosten der Stadt, zwischen 2. und 3. Ring. In den insgesamt neun Hallen zeigten etwa 1.400 Aussteller aus ganz China ihre Dienstleistungen und Produkte. Allerdings habe ich nur die Hallen 1 A und B besucht, wo sich auch der Stand eines befreundeten Unternehmens befand. Auch das auch schon beeindruckend genug, vor allem am Sonnabend, wo sich viel Publikum aufmachte, um die technologischen Innovationen zu bestaunen und zu erfahren.

Alle kleinen Bilder lassen sich durch Anklicken vergrößern.

Roboter in den unterschiedlichsten Größen und Ausführungen
Roboter in den unterschiedlichsten Größen und Ausführungen

Während meines vielleicht einstündigen Rundgangs habe ich so viele unterschiedliche Eindrücke gesammelt, wie sonst auf deutschen Messen im Laufe eines halben Tages. Das Land schäumt über vor Innovation und Fortschrittsbegeisterung. Am auffälligsten sind vielleicht die Roboter, die in unterschiedlichen Größen und Ausführungen an jedem zweiten Stand zu finden und teilweise auch gleich mitzunehmen sind; meist Haushaltsdiener, wandelnde Getränkeautomaten oder Kinderspielzeuge.

 

Kleine Hände dürfen riesige Drohnenpropeller bewegen
Kleine Hände dürfen riesige Drohnenpropeller bewegen

Alles was mit Mobilität, Verkehr und Logistik zu tun hat, zieht die Menschen an. Ob die neuesten Ausführungen der Ofo-Leihräder oder die ersten ausleihbaren E-Bikes; ob Verkehrsüberwachungssysteme oder Automobilsensorik. Am faszinierendsten natürlich alle Formen autonomer Mobilität. Ob Löschroboter oder die zukünftig unbemannten Lieferfahrzeuge und Flugdrohnen der Logistikbranche. Toll für die Kinder: Auf dieser Messe darf fast alles angefasst werden …

Keinerlei Berührungsängste mit neuer Technologie, alles wird spielend erkundet
Keinerlei Berührungsängste mit neuer Technologie, alles wird spielend erkundet

Es gibt auch viele kleine Stände, an denen man nicht immer auf den ersten Blick erkennen kann, was genau sie anbieten. Manche haben ihre Stärken in technologisch sehr interessanten aber kleinen Nischenmärkten. Gesundheit – oder auch Lifescience – ist immer ein ganz großes Thema.

Staunende und prüfende Blicke sind auf den "Genossen Roboter" gerichtet
Staunende und prüfende Blicke sind auf den „Genossen Roboter“ gerichtet

Stark sind auch Trends wie Ernährung, Nachhaltigkeit, Sicherheit, vernetztes Haus und Internet der Dinge. Man muss dazu wissen, dass 99% aller Chinesen ein Mobiltelefon haben, die meisten sogar ein Smartphone und damit im Internet unterwegs sind. Oft 24 Stunden am Tag. Die bei uns bekannten Berührungsängste mit neuer Technologie und Befürchtungen um Datenschutz sind hier so gut wie unbekannt. Ganz im Gegenteil: Alles was neu ist, wird ausprobiert und spielend leicht adaptiert.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit: Das Modell des Mittelstrecken-Jets C919
Im Zentrum der Aufmerksamkeit: Das Modell des Mittelstrecken-Jets C919

Ein Muss sind die Stände der chinesischen Luft- und Raumfahrt mit ihren nationalen Großprojekten. In den letzten Monaten ist auf beiden Gebieten der internationale Durchbruch erfolgt; mit dem Jungfernflug des ersten chinesischen Mittelstrecken-Jets und dem Aussetzen der ersten chinesischen Raumstation namens „Himmelspalast“. Die großflächigen Stände können sich über mangelndes Besucherinteresse nicht beklagen.

Schlange stehen für eine virtuelle Fahrt mit dem Panzer. Dem kleinen Jungen vorn in der ersten Bank reicht es schon …
Schlange stehen für eine virtuelle Fahrt mit dem Panzer. Dem kleinen Jungen vorn in der ersten Bank reicht es schon …

Am stärksten jedoch ist der Zulauf bei allem was mit künstlicher und virtueller Realität (AR/VR) zu tun hat. Wo immer man selbst ausprobieren kann, bilden sich meterlange Schlangen, in denen die Menschen geduldig warten, bis sie die neue Technologien selbst erfahren dürfen. An einem Stand konnte man zu mehreren in einem mit Pneumatik bewegten Panzer durch ein virtuelles Kriegsszenario fahren. Einem kleinen, wohl siebenjährigen Jungen wurde das zu viel: Er riss sich die Brille vom Kopf und schrie wie am Spieß. Auffällig, dass die chinesischen Eltern sich wenig dabei denken und ihre kleinen Kinder diese virtuellen martialischen Erfahrungen machen lassen. Ich habe auf der Messe fast nur Kinder unter 10 Jahren gesehen. Die größeren sitzen wahrscheinlich zu Hause vor der Spielekonsole.

Dieser kleine VR-Krieger hat mich am meisten beindruckt … nein geschockt! Die "Cute Eyes", die auf seinem T-Shirt stehen nimmt man ihm jedenfalls nicht wirklich ab.
Dieser kleine VR-Krieger hat mich am meisten beindruckt … nein geschockt! Die „Cute Eyes“, die auf seinem T-Shirt stehen nimmt man ihm jedenfalls nicht wirklich ab.

Zugegebenermaßen habe ich auf dieser Messe auch zum ersten Mal eine VR-Brille aufgesetzt. Bei der Erkundung einer Anwendung der befreundeten Firma Legendtech, die unter anderem die Verbotene Stadt in unterschiedlichen historischen Epochen digital nachgebaut hat und in einem virtuellen Modell dem Besucher erfahrbar macht. Zufällig hat der große nationale chinesische Fernsehsender CCTV gerade draufgehalten, als ich meine erste VR-Erfahrung machte. Etwas tapsig, wie man in dem Bericht sehen kann …

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Die Sequenz kommt ganz am Ende des kurzen Clips. Die Werbung am Anfang muss man allerdings erstmal ertragen.

Alle Bilder meines Rundgangs gibt es hier in der Galerie zu sehen.

Beijing Talk mit Regisseur Lou Ye

Die Oberstufe der Deutschen Botschaftsschule Peking hat wieder einmal zum „Beijing Talk“ geladen. Im vergangenen Herbst hatten sie Kai Strittmatter, den in Peking lebenden Sinologen und Kolumnisten der Süddeutschen Zeitung (Sack Reis) eingeladen. Ein Abend, den ich nicht vergessen werde.

Lou Ye beim Beijing Talk
Lou Ye beim Beijing Talk

Heute freue ich mich auf ein Interview mit dem bekannten und internatinal ausgezeichneten chinesischen Filmemacher Lou Ye (娄烨), dessen Sohn die Schule besucht. Ich kenne weder den Regisseur, noch seine Filme; aber ein Kollege, der leider heute nicht dabei sein kann, sagte mir, es sei sein chinesischer Lieblingsregisseur; er hätte alle Filme gesehen, auch die in China verbotenen.

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Der Regisseure Lou Ye ibeim Beijing Talk der Deutschen Botschaftsschule Peking
Der Regisseure Lou Ye ibeim Beijing Talk der Deutschen Botschaftsschule Peking

Der „Beijing Talk“ wird von der Oberstufe, diesmal der 11. Klasse, organisiert und moderiert. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Schulleiterin beginnt das Moderatorenpaar mit ihren Fragen an Lou Ye, gedolmetscht von der Ehefrau des Regisseurs. Nach seiner Ausbildung befragt, gesteht er, dass er eher zufällig zur Regie gekommen ist: 1965 in Shanghai geboren, bewirbt er sich Mitte der 1980er-Jahre an der Akademie in Peking – die klassische Kunst im Blick.

Seine Mutter meinte, es wäre doch schlau, wenn er schon in der Hauptstadt sei, sich gleich für ein weiteres Fach zu bewerben. Zu diesem Zeitpunkt wurden allerdings nur noch Aufnahmeprüfungen für Filmregie angeboten. Ihn reizte die Vorstellung, alle Filme sehen zu können, die in China für die Öffentlichkeit unzugänglich, oder gar verboten waren. Vor allem auch ausländische Filme der Nouvelle Vague und des Neuen Deutschen Kinos, von Autoren wie Fassbinder, Wenders, Schlöndorff und Herzog. Also gab es statt der Schönen Künste eine handfeste Regieausbildung. Das Studium führte ihn dann auch ins Ausland, nach Paris und Berlin.

Lou Ye schätzt die Vielseitigkeit seines Berufes
Lou Ye schätzt die Vielseitigkeit seines Berufes

An seinem Beruf schätzt er die Vielseitigkeit der Arbeit: als Autor schreibt der nicht nur die Drehbücher und macht den Schnitt, sondern leistet am Set auch harte körperliche Arbeit. Der Wechsel zwischen dem in Ruhe und allein zu arbeiten und dann wieder mitten im Produktionsgetümmel zusammen mit anderen, das erfüllt ihn. Seine Frau versteht und unterstützt ihn nach Kräften, wohl auch weil sie selber Filmemacherin ist und an vielen seiner Produktionen mitwirkt.

Die Ehefrau des Regisseurs Lou Ye dolmetscht und spricht hervorragendes Deutsch
Die Ehefrau des Regisseurs Lou Ye dolmetscht und spricht hervorragendes Deutsch

Die deutsche Sprache hat sie während des gemeinsamen Aufenthalts in Berlin gelernt, wo auch der Sohn geboren wurde. In Peking besuchte er zunächst die ersten vier Schuljahre eine chinesische Grundschule um dann zur Deutschen Botschaftsschule zu wechseln.
Lou Ye weiß zwar die Vorzüge des chinesischen Bildungssystems zu schätzen; die Eltern haben für den Sohn jedoch eine offenere und freiere Ausbildung der chinesischen vorgezogen.

Der Regisseur und seine Frau sprechen recht offen – auch über Persönliches
Der Regisseur und seine Frau sprechen recht offen – auch über Persönliches

Bevor es in die Pause geht, wird noch ein kurzer Zusammenschnitt von Making-Of Szenen am Set gezeigt. Der Regisseur sagt, es mache ihm Albträume jetzt dabei zu zuschauen, es sei anstrengend und gefährlich gewesen. Nach der Pause wird zunächst ein Werk-Trailer gezeigt, der aus ultrakurzen Sequenzen aller seiner bisherigen neun Filme zusammengeschnitten ist. Die Bilder sprechen für sich, dem Duktus nach könnten Sie aus einem einzigen Film kommen. Ich beginne zu bedauern, bisher noch keinen seiner Filme gesehen zu haben. Zum Glück warten jetzt neun Filme auf mich, ein zehnter ist gerade in Produktion!

Der zweite Teil des Abends gilt Fragen zur chinesischen Filmzensur. Meine Kollegin, eine der ganz wenigen anwesenden Chinesen im Publikum, meint, dass alle Fragen so typisch deutsch seien. Ich frage sie: „Deutsch, im Sinne von; ich stelle so lange Fragen, bis ich die erwartete Antwort bekomme?“. Sie lacht und nickt: „Stimmt, Chinesen sind eher gewohnt offen zu fragen und offen zu antworten.“ Sie erwarten kein „Ja“ und kein „Nein“, sondern eher ein „Vielleicht“ oder ein „Sowohl Alsauch“ als Antwort zu bekommen.

Die jungen Moderatoren stellen gut durchdachte und mutige Fragen
Die jungen Moderatoren stellen gut durchdachte und mutige Fragen

Auch bei Lou Ye muss man die Antworten zwischen den Zeilen suchen. So sehr er die Zensur für die chinesischen Kulturschaffenden als riesige Bürde empfindet, so sehr versucht er auch Verständnis für die Motive zu haben, die hinter dem Zensursystem stehen: Es geht um die Erhaltung von Harmonie und Ordnung des großen Ganzen. Dabei lässt er jedoch durchscheinen, dass das System wahrscheinlich eher willkürlich handelt. Auch wenn ein Drehbuch nach Prüfung durch die Zensurbehörden freigegeben wurde, passiert es, dass der Film später durchfällt und in Teilen umgeschnitten werden muss oder aber überhaupt kein Aufführungsrecht hält. Das ist ihm mehrfach passiert.

Trotz erlebter Berufsverbote zeigt der Regisseur auch Verständnis für die Motive der Zensur
Trotz erlebter Berufsverbote zeigt der Regisseur auch Verständnis für die Motive der Zensur

Mit dem Film „Summer Palace“ hat er sich ein fünfjähriges Berufsverbot eingehandelt. Jedoch war es ihm dieser Film wert! Der Film bezieht die Ereignisse von 1989 am Tiananmen-Platz in die Handlung ein. Das Drehbuch war bereits lange geschrieben, als er sich 2004 endlich den Ruck gab, auch den Film zu drehen, da er befürchten musste ihn sonst nie zu machen. Trotz des Berufsverbots ist es ihm – im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen – gelungen, ein Filmschaffender zu bleiben und sich – auch dank der Unterstützung auslandischer Koproduzenten über Wasser zu halten. Er erwähnt hier vor allem die Filmfördrung von Frankreich und Deutschland, beispielsweise durch den Fernsehsender arte. Auch das bescheidene Grundgehalt eines chinesischen Filmautors ermöglicht ihm und seiner Familie ein einfaches und zumindest materiell sorgenfreies Leben.

Denke bei der Erschaffung deines Werkes nicht an Zensur
Denke bei der Erschaffung deines Werkes nicht an Zensur

Ob die Zensur in China in Zukunft entfallen wird? Der Regisseur ist skeptisch: Das weiß ich nicht. Kann sein, kann aber auch sein, dass es schlimmer wird. Zumindest wird in Aussicht gestellt, dass die Zensur transparenter werden soll: Die Gründe einer Ablehnung müssen kommuniziert werden. Was auch immer das an Vor- oder Nachteilen mit sich bringen wird. Sein Überlebenskonzept jedenfalls ist es – und hier wendet er sich an alle Künstler, vor allem die Filmschaffenden – sich bei der Arbeit auf das Werk zu konzentrieren und nicht über die Kritik oder Zensur nachzudenken, sondern es so zu machen, wie man es sich vorgestellt hat. Die Zensur wird so oder so stattfinden. Sich damit im Vorweg zu arrangieren, würde keinem dienen. Eine, wie ich finde, sehr sympathische Haltung!

Ein riesiger Blumenstrauß für Lou Ye und seine Frau … ein großes Dankeschön
Ein riesiger Blumenstrauß für Lou Ye und seine Frau … ein großes Dankeschön

Am Ende der Veranstaltung bedanken sich die Moderatoren im Namen der Schule bei Lou Ye und seiner Frau für ihre Bereitschaft zu diesem Interview. Die Beiden ihrerseits bedanken sich für die professionelle Betreuung durch die Oberstufenschülerinnen und -schüler.

Später draußen im Foyer höre ich mich ich im Gespräch mit Freunden sagen: „Zensur gibt es nicht nur in China, sondern überall. In allen Ländern, in allen Systemen. Sie kommt nur in anderer Verkleidung daher. Das Gleiche gilt für Macht, Bestechung und Korruption. Sie sehen nur systemabhängig überall ein wenig anders aus.“

Lou Ye: IMDB-Eintrag mit kompletter Filmografie

Galerie mit weiteren Bildern des Abends …

Greenway am Wenyu-Fluss

Gestern, am Pfingstsonntag war ich früh auf den Beinen, um mit dem Rad nach Osten, zum Wenyu-Fluss zu fahren. Der Plan war, immer am Tonghui-Fluss entlang, der südlich von meinem Apartment fließt. Insgesamt war ich bis zum Ende des Tages 6-7 Stunden – bei ca. 60 km Strecke – im Sattel; und das bei zeitweise 32°C. So war ich dann auch entsprechend platt und konnte gut schlafen!

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In meinem Frühstücksrestaurant wird noch ein traditioneller chinesischer "Kanonenofen" benutzt (im Vordergrund)
In meinem Frühstücksrestaurant wird noch ein traditioneller chinesischer „Kanonenofen“ benutzt, auf dem hier die Teeeier köcheln

Um kurz vor Sieben, beim obligatorischen chinesischen Frühstück im kleinen Nudelrestaurant gleich um die Ecke, hatte ich Gelegenheit beim Wechseln der „Brennelemente“ zuzuschauen. In diesem Restaurant wird noch ein traditioneller chinesischer „Kanonenofen“ benutzt, der mit runden, scheibenförmigen Kohlebriketts beheizt wird. Das ist inzwischen selten geworden, das die Regierung wegen er starken Feinstaubbelastung versucht, die Holz- und Kohlefeuerung in den urbanen Gebieten drastisch zu reduzieren. Die Briketts sind etwa 8 cm hoch und haben einen Durchmesser 15 cm.

peking_kanonenofenIn dem Ofen sind mehrere solcher, mit senkrechten Löchern, versehenen Briketts übereinander gestapelt. Durch diese Löcher kann das Feuer von der Belüftungsklappe unten bis nach oben durchbrennen und so für gleichmäßige Hitze sorgen. Wenn das untere Brikett droht zu Asche zu zerfallen, muss es rechtzeitig entfernt werden. Hierfür werden die Briketts durch die obere Öffnung – auf der gekocht wird – mit einer speziellen etwa 50 cm langen Zange in den Löchern gefasst, aus dem Ofen gezogen und auf dem steinernen Boden zwischengelagert. Das auszutauschende Brikett wird zum Ausglühen vorsichtig zur Seite geschoben, wo es Niemandem schaden kann. Dann werden die Briketts wieder der Reihe nach in den Ofen gesetzt, das frische Brikett ganz nach oben. Die geübten Hände der Wirtin brauchen für den gesamten Ablauf keine drei Minuten. Dann wir der große Kochtopf gespült und eine neue Portion Sojamilch angesetzt.

油条 (Youtiao, in Fett gebackene Teigstangen) und 茶鸡蛋 (Chajidan, in gesalzenem Tee gekochtes Hühnerei) und eine Schale 豆浆 (Doujiang – Soyamilch)
油条 (Youtiao, in Fett gebackene Teigstangen) und 茶鸡蛋 (Chajidan, in gesalzenem Tee gekochtes Hühnerei) und eine Schale 豆浆 (Doujiang – Soyamilch)

Mir war dieser Exkurs hier wichtig, da er mein Frühstück bestehend aus 油条 (Youtiao, in Fett gebackene Teigstangen),  茶鸡蛋 (Chajidan, in gesalzenem Tee gekochtes Hühnerei) und einer Schale 豆浆 (Doujiang – Soyamilch) unterhaltsam begleitete. Gegen sieben Uhr kam ich dann endlich los – zuerst allerdings in die verkehrte Richtung am Fluß entlang nach Süden. Eigentlich ist der Fluss ja ein Kanal. Am Stand der Sonne bemerkte ich dann meinen Navigationsfehler. Also nach Osten, der Sonne entgegen!

Noch ist es kühl am Tonghui-Fluss
Noch ist es kühl am Tonghui-Fluss

Dass ich vergessen hatte, mich mit Sonnenschutz einzucremen sollte ich erst später am Nachmittag bemerken. Peking liegt auf dem gleichen Breitengrad wie Madrid; und vormittags nach Osten der Sonne entgegen und nachmittags gen Westen mit verbranntem Gesicht in die Abendsonne. Noch war es allerdings kühl und das blieb auch bis etwa 9 Uhr so. Teilweise kann man an diesen Teilstücken des Kanals unten am Wasser bei den Anglern radeln, manchmal muss man auch die Seite wechseln oder auf dem breiten Radweg der Schnellstraße parallel zum Wasserlauf.

Auf einigen Teilstücken wird der Tonghui-Fluss ausgebeessert
Auf einigen Teilstücken wird der Tonghui-Fluss ausgebeessert

Dass der Fluss in seinem Kanalbett in östliche Richtung fließt, kann man an einigen Stellen deutlich sehen, dort wo die langen Algenbüschel bis an die Oberfläche kommen, da der Fluss derzeit wenig Wasser führt. Kurz bevor man nach Tongzhou kommt gibt es auch eine Staustufe mit einem Höhenunterschied von schätzungsweise drei Metern. An einigen Stellen wir der Kanal ausgebessert. Mehrere Arbeiter stehen dann bis zur Brust im Wasser und montieren das schwere Gerät.

Routenkarte der Radtour zum Wenyu Fluss; Hinweg blau, Rückweg orange
Routenkarte der Radtour zum Wenyu-Fluss; Hinweg blau, Rückweg orange

Zum Glück habe ich eine recht genaue Offline-Karte (maps.me) dabei, die mir immer wieder gute Anhaltspunkte gibt, wenn die Spürnase den richtigen Weg nicht findet. Und genug Wasser für den ganzen Tag habe ich hoffentlich auch. Außerdem einige Aprikosen und drei Handvoll Kürbiskerne und Rosinen.

Die alte Brücke, wo der Tonghui in den Wenyu mündet
Die alte Brücke, wo der Tonghui in den Wenyu mündet

Dort wo der Tonghui in den größeren von Norden kommenden Wenyu mündet gibt es eine alte Brücke, die allerdings erst um 10 Uhr für den Publikumsverkehr geöffnet wird. In fahre am Westufer des Wenyu zur übernächsten Brücke nördlich von Yongshunzhen, überquere sie und entdeckte dann auf der Ostseite zu meiner großen Freude, dass hier das eine Ende des „Beijing Greenway“ – einem weitläufigen Netzwerk von Radwegen durch begrünte Gürtel, Zonen und Naherholungsgebiete. Ich hatte bisher nur davon gelesen und war jetzt beeindruckt von der gewaltigen Ausdehnung dieser städteplanerischen Neuerung. Allein in 2017 sollen weitere 500 km solcher Wege angelegt werden!

Weitere Informationen zu Beijing Greenway:
Beijing Greenway, a Mega Green Space for a Mega City
Townplanning Group, Australia
Beijing to Build more Greenways
eBeijing, Official Website of the Beijing Government, 2017-04-13
Beijing to start building 500-km greenways in 2017
English Qianlong.com,  2017-03-31

Beijing Greenway: Brandneue rote Radwege schlängeln sich durch die Parkanlagen auf beiden Seiten des Wenyu-Flusses
Beijing Greenway: Brandneue rote Radwege schlängeln sich durch die Parkanlagen auf beiden Seiten des Wenyu-Flusses

Dabei ist die Anlage noch der kleinere Aufwand; die landschaftsgärtnerische Betreuung dieser kleinen Biotope ist sehr umfangreich, beginnend mit dem ständigen Wässern der Anlagen. Selbst Bäume, die nur wenige Meter über dem Wasserspiegel des Flusses stehen müssen derzeit fast täglich bewässert werden.

Jedem Gewächs seine eigene Bewässerungsmulde
Jedem Gewächs seine eigene Bewässerungsmulde

Allenthalben sieht man Wassersprenger und Gartenarbeiter, die Schläuche – teilweise mehrere hundert Meter von gekoppelten Feuerwehrschläuchen – durch die Vegetation ziehen. Fast jedes Gewächs bekommt eine eigene Bewässerungsmulde, die das Wegfließen verhindert. Man muss dazu wissen, dass der Lehmboden (Löss) in diesem teil Chinas zwar sehr fruchtbar, jedoch auch sehr kompakt ist und Feuchtigkeit nur langsam aufnimmt; dann jedoch recht gut speichert.

Eine hiesige Art des Sonnenhuts
Eine hiesige Art des Sonnenhuts
Ein echter Sonnenhut (Echinacea)
Ein echter Sonnenhut (Echinacea)
Die Wildblumen locken Bienen an, hier auf einer Kornblumenblüte
Die Wildblumen locken Bienen an, hier auf einer Kornblumenblüte

Etwa 90% der hier gepflanzten Gewächse, sind auch bei uns bekannt und gewöhnlich. Neben hauptsächlich Pappeln und Weiden gibt es verschiedene Kiefernarten, Akazien, Robinien, Ginkgos und Obstbäume wie Aprikosen, Pfirsiche und Mandeln.Ich habe bisher hier nur eine einzige kleine Eiche in einem Experimentiergartenanlage gesehen. Auch Birken sind mir noch nicht vorgekommen. Auch die hiesigen Staudengewächse kommen in den meisten unserer Parks vor. Erstaunlich ist trotzdem die Vielfalt. An einigen Stellen geht knochentrockenes Grasland in blühende Wildblumenwiesen über. Meist Bartnelken, verschiedene Sonnenhut- und Kleearten sowie Kornblumen. Noch gar nicht gesehen habe ich Fuchsien, Mohn und Margeriten.

Über den Wiesen tummeln sich viele Schmetterlinge, allerdings nur Kohlweisslinge und Zitronenfalter. Nach der großen Kampagne „Ausrottung der vier Plagen“ in den 1960er-Jahren waren fast alle Wild- und auch Singvögel in China vom Aussterben bedroht. Vor allem den Sperlingen ging es an den Kragen. Selbst vor 25 Jahren waren Spatzen in Peking noch eher selten. Inzwischen haben sich die Bestände wieder gut erholt. Hier am Fluss fallen vor allem die Fischreiher und andere Wasservögel auf, Enten und Schwäne sind nicht dabei. An mehreren Stellen ruft ein Kuckuck und es pfeift ein mir unbekannter Vogel eine schöne Melodie. Elstern und auch Blauelstern gibt es in Peking reichlich. Raubvögel habe ich noch keine beobachten können.

Noch relativ wenige Menschen nutzen das Naherholungsgebiet
Noch relativ wenige Menschen nutzen das Naherholungsgebiet

Ökologisch ist „Beijing Greenway“ zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, jedoch ein wichtiger, zumal der Bevölkerung hier gezeigt wird, wie naturnahe Erholung in urbanen Lebensräumen funktionieren kann. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass die relativ wenigen Menschen, die ich hier treffe (es ist hier nicht gerade überlaufen, wie der Strandweg an der heimischen Elbe an einem sommerlichen Sonntagnachmittag) aus dem unmittelbaren Umfeld – und nicht wie ich, aus dem Herzen Pekings kommen. Viele sind auf Elektrovehikeln, einige Radfahrer in voller Montur unterwegs. Im gesamten Areal treffe ich im Laufe des Tages nur einen westlichen Ausländer auf einem Rennrad.

Die Uferzone des Wenyu ist sehr morastig
Die Uferzone des Wenyu ist sehr morastig

An vielen Stellen wird gepicknickt und obwohl Barbeque untersagt ist, haben viele ihre kastenförmigen Grills in Betrieb genommen. Kleine Zelte werden aufgestellt und Hängematten zwischen den Bäumen verspannt. Im Fluss darf nicht gebadet werden. Es würde sich auch nicht empfehlen, denn das Wasser ist sehr veralgt und die Uferzonen sind extrem morastig. Was allerdings die zahlreichen Angler nicht davon abhält soweit es geht, an das von Schilf gesäumte Ufer vorzudringen. Sportboote habe ich auf allen Flüssen nie gesehen, nur Boote von Kanalarbeitern.

Unvermittelt endet der Radweg an einem Bauzaun
Unvermittelt endet der Radweg an einem Bauzaun

Das Streckennetz der roten Fahrradwege ist an vielen Kreuzungspunkten unvollendet; wahrscheinlich weil das halbautomatische Straßenbaugerät, das den Belag (Tarmac®) aufträgt, nur für halbwegs gerade Streckenabschnitte ausgelegt ist. An einigen Stellen endet der Radweg plötzlich an einem blauen Bauzaun aus Wellblech. Hat man diesen umfahren, beginnt der Weg an anderer Stelle oft unvermittelt wieder. Im nördlichen Teil des Areals finden sich unweit der Wege auch Grabhügel, unter denen die lokale Bevölkerung traditionsgemäß ihre Toten bestattet. Sie sind an dem, auf der Spitze der etwa eine Meter hohen Erdhaufen, abgelegten, von Steinen beschwertem Papier, gut zu erkennen.

Irgendetwas ist bei diesen nagelneuen Müllbehältern schief gelaufen. Im Hintergrund ein Grabhaufen
Irgendetwas ist bei diesen nagelneuen Müllbehältern schief gelaufen. Im Hintergrund ein Grabhaufen

Eine Schande ist der Umgang mit Unrat jeder Art. Viele Chinesen haben die Unart ihren Müll wo sie gerade gehen und stehen fallen zu lassen. Dabei gibt es ausreichend Müllbehälter – alle mit Trennung nach wiederverwertbarem und sonstigem Müll. Und wo bereits Unrat abgeladen wurde, sammelt sich sofort weiterer an. Die Sitzbänke der ältesten Teile des Naherholungsgebietes sind durch Witterung, Benutzung und auch Vandalismus bereits stark in Mitleidenschaft gezogen und werden hoffentlich bald erneuert.

Eine große Pause mache ich am östlichen Ufer – dort wo der Fluß eine Biegung nach Westen macht – bei einem stark verfallenen kleinen Bauernhaus. Die kaum mehr als handtuchgroßen Flächen in unmittelbarer Nähe werden jedoch bewirtschaftet. Ich sehe Zwiebeln und jungen Maispflanzen.

Maschine der Deutschen Lufthansa aus München kommend im Landeanflug auf Peking
Maschine der Deutschen Lufthansa aus München kommend im Landeanflug auf Peking

Etwas nördlich davon liegt eine Einflugschneise des Beijing Capital International Airport. Ich sehe die aus München kommende Maschine der Deutschen Lufthansa im Landeanflug über den Wipfeln der Pappeln.

Großer Stein mit eingraviertem Layout eines Golf-Parcours
Großer Stein mit dem gravierten Layout eines Golf-Parcours

Auf beiden Seiten des Flusses, finden sich etwa brusthohe Steine auf denen jeweils das Parcours einer Golfanlage eingraviert ist; mit Layout des Greens, den Entfernungen in Yards, usw. Das Alter der umstehenden Bäume lässt darauf schließen, das sich hier vor etwa 20 Jahren eine große Golfanlage befunden haben muss. Inzwischen liegt das Golf Ressort zwischen dem nordöstlichen Teil des Areals und dem Flughafen.

Panorama der Landschaft am Wenyu-Fluss, vom östlichen Ufer aus aufgenommen
Panorama der Landschaft am Wenyu-Fluss, vom östlichen Ufer aus aufgenommen

Auf dem Rückweg am Westufer nach Süden wird es unerträglich heiß und meine Wasservorräte drohen zu Ende zu gehen. Es wird schluckweise rationiert, denn Kioske an denen man sich versorgen könnte, gibt es hier nicht. Glücklicherweise habe ich mich später am Nachmittag mit Freunden verabredet, die am Chaoyang-Park wohnen. So muss ich nicht das ganze Stück zum Apartment zurück in einem Satz radeln. Aber auch zum Chaoyang-Park ist es noch ein ganzes Stück. Gegen die Nachmittagssonne, gegen den Westwind und auf wundgerittenen Sitzhöckern …

Als ich nach dem Abendessen mit meinen Freunden in einem Barbeque-Restaurant mit Dachterrasse, die letzten Kilometer zu meinem Apartment strampele, bin ich ganz schön platt. Aber alles in allem ein sehr schöner erfüllter Tag!

Weitere Bilder dieser Tour gibt es hier in der Galerie …

Schraube locker … kein Problem!

Mein Fahrrad-Man unten an der ecke ist ein wahrer Zauberkünstler
Mein Fahrrad-Mann unten an der Straßenecke ist ein wahrer Zauberkünstler

Habe vor einigen Tagen eine Schraube am Gepäckträger meines Fahrrads verloren. Der hing dann auf „halb acht“. Die andere Schraube (ich glaube ein M6-Gewinde) habe ich dann rausgedreht, und in einem Plastiktütchen mit ins Büro genommen. Nach Feierabend bin ich dann an unserer Ecke beim Fahrradspezialisten angehalten, um ihm die Schraube zu zeigen und mit meinen wenigen Brocken Chinesisch klarzumachen, dass ich davon gerne zwei hätte. Er kramte erst in seinem Werkzeugwägelchen in einer Holzkiste und fand eine deutlich zu kleine. Dann ging er zu seinem Elektroroller und schaute in den Transportbehälter auf dem Gepäckträger, dessen gesamter Boden mit Kleinteilen bedeckt war. Zielsicher griff er hinein und fischte zwei Schrauben heraus, die nicht nur das richtige Gewinde (Mutterntest), sondern sogar exakt die richtige Länge hatten. Dafür gab ich ihm zwei Renminbi (CNY) – umgerechnet 30 Eurocent. Die Schrauben ließen sich in die Gewinde meines Gepäckträger wie in Butter drehen!

Heute fing die rechte meiner Pedalen an, den Geist aufzugeben. Mein Fahrrad – ein Cross-Rad der amerikanischen Marke SCHWINN, aus chinesischer Produktion ist bereits ein Vierteljahrhundert alt. Die Firma hat inzwischen Pleite gemacht, das Fahrrad ist jedoch von recht guter Qualität und bisher sind noch alle Teile, sogar Schläuche und Decken, original. Jetzt ließ ich bei meinem Fahrrad-Mann beide Pedale austauschen. Die passenden Ersatzteile hatte er in einem Lagerwägelchen in der Seitengasse parat. Dauer: 200 Sekunden, Kosten: 40 CNY – umgerechnet keine sechs Euro. Hier macht das Fahrradfahren auch kostenseitig richtig Spaß!