Nachdem ich neulich nachmittag nach 16 Uhr schon zu spät war, habe ich gestern die wohl bekannteste Tempelanlage Pekings, und neben der Verbotenen Stadt eine der Haupttouristenattraktionen (was für ein Wort!) besuchen können. Das letzte Mal war ich dort vor mehr als 20 Jahren.
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Der Yonghe-Tempel (雍和宫 Yōnghégōng, Palast des Friedens und der Harmonie) ist der wohl wichtigste Tempel des tibetischen Lamaismus außerhalb Tibets. Er steht, an zwei Seiten vom Verkehr der Hauptstadt umflossen, direkt südlich des Ritan-Parks und des zweiten Rings auf der gleichnamigen U-Bahnhaltestelle. Das kommerzielle Umfeld hat sich auf die Ströme der Pilger und Touristen eingestellt. Ähnlich wie auch im Vatikan und in Lourdes findet man in unmittelbarer Nähe des Tempels eine Unzahl von Cafés und Läden in denen Devotionalien, Räucherstäbe und anderer Nippes erworben werden kann.
Wie überall in Peking ist auch hier der Zugang mit Sicherheitskontrolle: Rucksack öffnen. Ein rascher Blick überzeugt. Mein Nebenmann hat seinen Rucksack bis oben hin vollgestopft. Auch hier wird nur ein Blick auf die obersten Sachen geworfen. Der Eintritt kostet ¥25. Mit der Eintrittskarte erhält man eine Mini-CD. Wahrscheinlich mit Infos zum Tempel. Leider weiß ich nicht, wie ich die auf meinen Geräten abspielen kann.
Der Eingang zum Tempelkomplex ist von Süden her. Durch eine wunderschöne Allee mächtiger Ginkgo-Bäume gelangt man in den ersten Hof, in dem auch der Glockenturm steht.
Bereits hier wird fleißig geräuchert. Überall hängt der Geruch der verbrannten Räucherstäbchen in der Luft. Sie werden in ganzen Bündeln entzündet und dann in bereitstehende schwere bronzene Rauchgefäße gesteckt.
Nach dem zweistündigen Besuch merke ich bis heute eine leichte Reizung meiner Schleimhäute. Auch eine Form von Feinstaubbelastung. Entsprechend weisen Schilder neben den Räuchergefässen darauf hin, dass bei Starkwind und Smog nicht geräuchert werden darf.
Es herrscht schönstes Wetter. In den Höfen stehen neben Ginkgos auch Kiefern und Bäume der Walnuss, Maulbeere und des Granatapfels. Die Anlage war zunächst bis 1743 die Residenz des Prinzen Yinzhen und wurde dann von Kaiser Qianlong zu einem lamaistischen Temple umgebaut. In der „Halle des unendlichen Glücks“ steht eine sechs Stockwerke hohe aus einem einzigen Sandelholzbaum geschnitzte vergoldete Statue des Buddha Maitreya, die der siebte Dalai Lama, Kelsang Gyatsho, dem Kaiser schenkte. Man steht davor und ist ganz still … auch ohne zu wissen, dass sie bereits 1993 einen Eintrag in das Guiness-Buch der Rekorde bekommen hat.
Nach einem Rundgang setzte ich mich in einer Nische auf eine Bank, von der aus ich einen guten Blick auf die „Halle des unendlichen Glücks“ habe, um eben diese zu zeichnen. Nicht ganz einfach, eine so große und komplexe Architektur auf den gerade mal 15 x 10 cm meines Skizzenbuchs abzubilden. Kaum hatte ich meinen Kugelschreiber angesetzt, wurde der Rest der Bank von einer ziemlich unerträglichen Familie in Beschlag genommen. Den etwa fünfjährigen Jungen, der mich ständig mit seinem „hello, hello!“ nervte, schnauzte ich dann auf Chinesisch an, nachdem er sich meiner Wasserflasche bemächtigte: „Gucken ja, anfassen nicht!“ Was ihn in ungläubiges Erstaunen versetze und ihm einen mächtigen Klaps seiner Großmutter einhandelte. Später rückte mir dann sein Vater, ein Onkel oder der Großvater von ihm, zusammen mit seinen Kumpels unerträglich auf die Pelle und dunsteten ihren billigen Schnaps aus allen Poren.
Trotzdem wurde das Bild dann noch fertig als die Mönche begannen mit ihren Bimmeln durch die Anlage zu ziehen, um die Schließung derselben anzukündigen. Ich habe dann noch schöne Fotos von kleinen Granatäpfeln und den Blättern der Ginkgos gemacht. Anzusehen – zusammen mit vielen weiteren Aufnahmen – in der Galerie unten …
Weitere Infos über den Tempel bei Wikipedia: deutsch | englisch