Ungewöhnlich, diesen Tag bereits am 22. September zu begehen. Grund hierfür ist ein Konflikt der Nationalfeiertage: China hat die gesamte erste Oktoberwoche nationale Feiertage – Grund genug für die deutsche Botschaft in Peking jetzt schon zu feiern. Eine gute Freundin, die an der deutschen Botschaftsschule arbeitet, lud mich kurzfristig ein. Alle die einen deutschen Pass besitzen sind herzlich willkommen. Als ich gegen 19 Uhr mit dem Fahrrad an der Dongzhimenwaidajie No. 17 ankomme, erwartet mich eine lange Schlange von Wartenden. Ich gehe nach vorne zum Eingangsbereich. Langsam darf das gewöhnliche Volk auf das Gelände. Gerade wird der amerikanische Botschafter verabschiedet und zu seiner Staatskarosse begleitet. Geladene Gäste waren schon vorher willkommen geheißen.
Jetzt geht es zügig voran. Die Freundin taucht plötzlich auf und reiht sich bei mir in die Schlange ein. Hinter uns ihre Schülerinnen – welch Zufall: auch Peking ist eine kleine Welt! Es folgt eine sehr oberflächliche Kontrolle meines Rucksacks: Weder Taschenmesser noch Fahrradwerkzeug wird gefunden. Der Rummel auf dem Botschaftsgelände ist eine Mischung aus lockerem Empfang und Oktoberfest. Dieses Jahr wird an alle – nicht nur die geladenen Gäste – Sekt ausgeschenkt, nachdem man sich an den Gepflogenheiten der französischen Botschaft orientiert hat, so sagte man mir. Wohl fast tausend Gäste unterschiedlichster Couleur vergnügen sich bei deutscher Gastlichkeit auf dem weitläufigen Gelände. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, dass mir deutsches Essen im Ausland nicht wirklich schmeckt. Genau das Gleiche erlebe ich mit chinesischem Essen in Deutschland. Scheint ein olfaktorisches Phänomen zu sein.
In der Runde befreundeter Lehrerinnen und Lehrer der Botschaftsschule erste Gespräche über die Wahrnehmung des Landes und der Menschen. Einige sind erst seit wenigen Wochen hier, andere bereits seit mehr als 10 Jahren. Aber überall die gleiche positive Grundhaltung zu dem Leben in Peking. Egal ob um es politische, wirtschaftliche oder soziale Aspekte geht oder nur um den vermeintlich chaotischen Verkehr: Die meisten stehen begeistert bis ehrfürchtig vor dem „Chinesischen Wunder“ dessen Früchte sie in vollen Zügen genießen. Das Bild, das die deutschen Medien von China prägen, ist für das Selbstbild des gesättigten Deutschen zurechtgemacht: Populistischer Mainstream-Journalismus. In einem Gespräch habe ich die Idee des „Moulüe“ angerissen. Darunter versteht man ein Konzept der Supraplanung, das erklärt, warum wir von den Chinesen immer nur das kleinteilige Funktionieren und Reagieren wahrnehmen, jedoch nicht den großen Plan, der über Jahrhunderte reicht.
Nachdem die Getränke anfingen auszugehen, machte ich mich – noch vor dem großen Gewitter auf den Weg zu meinem Apartment. Ich bedanke mich bei der deutschen Botschaft – und dem deutschen Steuerzahler – für einen unvergesslichen Abend mit tiefen Einblicken ist das Leben deutscher „Expatriats“, das ich gut vergleichen kann mit dem, was und wie meine Eltern hier vor einem Vierteljahrhundert erlebt haben.
Einige Eindrücke vom Abend …